Donnerstag, 26. September 2019

Baufinanzierung - Sonderkündigungsrecht nach § 489 BGB

Wenn man als Immobilienkäufer oder Bauherr eine Immobilienfinanzierung mit einem fest vereinbarten Zinssatz länger als 10 Jahre bei einem Finanzierungsinstitut abgeschlossen hat, kann der Darlehensvertrag mit dem Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nach zehn Jahren kostenfrei teilweise oder vollständig gekündigt werden. Als Darlehensnehmer muss man lediglich eine Kündigungsfrist von 6 Monaten - gerechnet ab Vollauszahlung des Darlehens - einhalten.

Fristen für das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)
Die Zehn-Jahres-Frist zur Kündigung beginnt einen Tag nach der Vollauszahlung des abgeschlossenen Baudarlehens. Im ersten Absatz von § 489 BGB heißt es dazu unter Punkt 2: „nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten“. Bei einer Immobilienfinanzierung wird die Darlehenssumme nicht selten in Teilbeträgen ausgezahlt, beispielsweise beim einem Neubau entsprechend der einzelnen Baufortschritte. Für das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist immer das Datum entscheidend, an dem der letzte Euro der Kreditsumme ausgezahlt wurde. Dies wird von dem Darlehensnehmer vom Finanzierungsinstitut immer schriftlich mitgeteilt, da ab diesem Zeitpunkt dann auch Zinsen und Tilgung für das Darlehen anfallen und eventuelle Bauzeitzinsen nicht mehr berechnet werden. Völlig unerheblich ist dabei allerdings, wie lange die Zinsbindung des bestehenden Baudarlehens noch besteht.

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Das bestehende Baudarlehen kann vollständig oder teilweise gekündigt werden
Das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ermöglicht sowohl die vollständige als auch eine teilweise Kündigung der bestehenden Immobilienfinanzierung. Eine Teilkündigung kann dann in Betracht kommen, wenn der Darlehensnehmer beispielsweise eine größere Summe als Sondertilgung leisten möchte und dies laut Darlehensvertrag über eine vereinbarte oder entsprechend begrenzte Sondertilgungsklausel nicht möglich ist. Für eine vollständige Kündigung der Immobilienfinanzierung gibt es meistens zwei Beweggründe. Entweder man kann sein bestehendes Baudarlehen mit angesparten oder geerbten Kapital, vorzeitig in der ganzen Summe zurückzahlen oder man hat eine alternative Anschlussfinanzierung gefunden, welche deutlich bessere Zinskonditionen als die bestehende Baufinanzierung bietet. Dadurch hat man mit dem Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) die Möglichkeit, mit einer Umschuldung aus einem teuren Baukredit herauszukommen.

Wirksamkeit der Kündigung einer Immobilienfinanzierung nach § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)
Die Kündigung der Immobilienfinanzierung nach § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) wird in allen Fällen erst wirksam, wenn innerhalb von zwei Wochen der noch geschuldete Darlehensbetrag an den Darlehensgeber zurückgezahlt ist. Andernfalls gilt die Kündigung als nicht erfolgt. Als Darlehensnehmer sollte man daher sicherstellen, dass bei einer geplanten Umschuldung die Anschlussfinanzierung termingerecht abgewickelt wird. Entgegen den Behauptungen vieler Kreditinstitute ist der bürokratische Aufwand für einen Wechsel der finanzierenden Bank nicht sehr hoch. Und auch die damit verbundenen Kosten, wie beispielsweise die Änderung des Grundbucheintrags, werden sich schnell über die geringeren Zinszahlungen amortisieren. Denn das Einsparpotential durch eine Anschlussfinanzierung mit einem niedrigeren Zinssatz ist meistens sehr hoch, denn bereits wenige Prozentpunkte bedeuten schnell eine Ersparnis von mehreren Tausend Euro über die Zinslaufzeit.

Sonderkündigung und vorzeitige Umschuldung durch ein Forward-Darlehen
Wer eine bestehende Immobilienfinanzierung hat, deren Zinsbindung noch keine zehn Jahre besteht, kann dennoch von der derzeitigen Niedrigzinsphase profitieren, indem ein Forward-Darlehen zur Umschuldung genutzt wird. Mit einem Forward-Darlehen kann man sich bis zu fünf Jahre vor der Auszahlung der Baukreditsumme den derzeitigen aktuellen Zinssatz sichern. Dies bietet die Möglichkeit, beispielsweise bereits nach acht Jahren laufender Zinsbindung ein günstiges Forward-Darlehen abzuschließen. Zwei Jahre später wird dann bei der bestehenden Immobilienfinanzierung die kostenfreie Sonderkündigung gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vorgenommen und mit dem Forward-Darlehen fristgerecht die bisherige und teurere Baufinanzierung abgelöst.

Jedes Darlehen muss einzeln gekündigt werden
Wenn die Baufinanzierung aus mehreren Darlehen besteht, muss die Kündigung gemäß § 489 BGB für jedes Darlehen einzeln ausgeführt werden. Bestand beispielsweise die gesamte Baufinanzierung aus einer Kombination aus normalem Annuitätendarlehen und einem KfW-Darlehen, muss auch das KfW-Darlehen in der Regel separat gekündigt werden.

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Kündigung der Immobilienfinanzierung bei anderen Voraussetzungen
Das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 (Bürgerliches Gesetzbuch) gilt nur für Baufinanzierungsdarlehen mit einer fest vereinbarten Sollzinsbindung. Bei einem Darlehensvertrag für eine Immobilienfinanzierung mit einem variablen Zinssatz kommt diese Regelung nicht zum Tragen. Variable Baudarlehen können jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten ordentlich gekündigt werden. Wenn die Zinsbindung einer Immobilienfinanzierung bereits vor der vollständigen Darlehenstilgung endet, besteht für den Baukredit keine feste Zinsbindung mehr und das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 (Bürgerliches Gesetzbuch) spielt auch dann keine Rolle mehr. In diesem Fall besteht jedoch die Möglichkeit eine Kündigung mit einer einmonatigen Kündigungsfrist aussprechen, sofern keine neue Zinsbindungsfrist vereinbart wurde. Das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 (Bürgerliches Gesetzbuch) kommt auch nicht bei Verbraucherkrediten zur Anwendung, wenn diese nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht abgesichert sind. Hat man beispielsweise ein Modernisierungsdarlehen als Verbraucherkredit abgeschlossen, kann dieser sechs Monate nach dem vollständigen Empfang der Darlehenssumme unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden.

Sonderfall beim Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)
Für das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gibt es einen Sonderfall bei den Fristen bei Forward-Darlehen, wenn es zur Anschlussfinanzierung beim gleichen Darlehensgeber abgeschlossen wurde. Dann ist für den frühestmöglichen Zeitpunkt der Kündigung nicht der Tag der Kreditauszahlung ausschlaggebend, sondern das Datum der Vertragsunterzeichnung mit den geänderten Vereinbarungen, was in einem Gerichtsurteil am 14. September 2015 mit dem Aktenzeichen I-1 O 68/15 bestätigt wurde.

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Haftungsausschluss:
Die Informationen rund um das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) basieren auf einer sorgfältigen Recherche. Dennoch können Fehler in diesem Beitrag, sowie dem Musterbrief nicht ausgeschlossen werden und es kann daher auch keine Haftung übernommen werden. Für eine rechtssichere Auskunft zu diesem Thema konsultieren Sie deshalb einen fachspezifischen Rechtsanwalt. Beitrag und Musterbrief ersetzen deshalb keine Rechtsberatung in einem Einzelfall.

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Dienstag, 10. September 2019

Zinskommentar Juli 2019 - Die Geldpolitik der Zentralbanken wird wieder lockerer und sorgt für fallende Bauzinsen

Die Stimmung an den Finanzmärkten trübt sich weiter ein. Als Ursache dafür kann man das drohende Brexit-Chaos, Zollstreitigkeiten, überschuldete Nationalstaaten und wachsende geopolitische Risiken benennen. Aus Folge daraus kann man sagen, solange die Vielzahl der aktuell ungelösten wirtschaftlichen und politischen Probleme wie ein Damoklesschwert über der Weltwirtschaft schwebt, gibt es für die Konjunktur nur eingeschränktes Aufwärtspotenzial. Auf der letzten EZB-Sitzung haben die Währungshüter zwar mit einer Anpassung des Zinsausblicks auf die anhaltende Wirtschaftsschwäche reagiert, beschlossen wurden allerdings noch keine konkreten Maßnahmen. Mario Draghi äußerte lediglich seine Besorgnis und stellte eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht. Die Europäische Zentralbank (EZB) verschafft sich damit erst einmal Zeit, um die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen zu beobachten.

Die Währungshüter beobachten die Lage und spielen weiter auf Zeit
Falls sich in den kommenden Wochen das konjunkturelle Umfeld jedoch nicht bessert, ist es möglich, dass bereits in der nächsten EZB-Sitzung im September 2019 eine Wiederaufnahme der Anleihekäufe oder sogar eine Senkung des Leitzinses auf unter 0 Prozent beschlossen werden. Es ist auch denkbar, dass eine weitere Verschärfung des Einlagezinses vorgenommen wird. Der Einlagezins wird umgangssprachlich auch „Strafzins“ genannt. In der Folge müssen aktuell die Banken 0,4 Prozent Zinsen für Gelder zahlen, die sie über Nacht bei der Notenbank parken. Sollte der Einlagezins weiter gesenkt werden, könnte gleichzeitig ein Freibetrag beschlossen werden. Da die Strafgebühren bereits jetzt eine enorme Belastung für die Banken darstellen, würde ein Freibetrag dafür sorgen, dass sich die Ertragssituation der Institute nicht weiter verschlechtert.

Zinsentwicklung über die fünf letzten Jahre

Theresa Mays Nachfolge beschlossen - Der Brexit-Hardliner Boris Johnson wird britischer Premierminister
Am Dienstag dem 23. Juli 2019 wurde Boris Johnson von fast zwei Drittel der britischen Konservativen zum neuen Parteichef gewählt. Der umstrittene Brexit-Hardliner setzte sich damit gegen den aktuellen Außenminister Jeremy Hunt durch. Boris Johnson ist mit dem Versprechen angetreten, Großbritannien am 31. Oktober aus der EU zu führen – egal ob mit oder ohne Austrittsvertrag. Boris Johnson will aber das bisher mit der Europäischen Union (EU) verhandelte Paket nicht akzeptieren. Wie er in nur drei Monaten einen anderen Kompromiss erzielen will, hat er bisher noch nicht mitgeteilt. Deshalb muss die Gefahr eines No-Deal-Brexits mit Boris Johnson als Premierminister als sehr hoch eingeschätzt werden. Deshalb verheißt dieses Szenario für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals nichts Gutes. Denn ein No-Deal-Brexit würde der ohnehin schon eingetrübten Konjunktur einen weiteren schmerzhaften Dämpfer verpassen.

Jerome Powell deutet auf nächster Fed-Sitzung trotz positiver Wirtschaftsdaten baldige Zinssenkung an
Der Chef der amerikanischen Notenbank Federal Reserve System (Fed), Jerome Powell, hat trotz der zuletzt guten Konjunkturdaten weiterhin eine baldige Leitzinssenkung signalisiert. Als Gründe werden die anhaltenden Unsicherheiten durch die Handelskonflikte und Sorgen um die Weltwirtschaft genannt. Von der Federal Reserve System (Fed) kann man dagegen eine baldige Leitzinssenkung erwarten. Dies kann wahrscheinlich schon in der nächsten Sitzung Ende Juli sein, spätestens jedoch in der Herbst-Sitzung. Auch für die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte eine weitere Leitzinssenkung auf unter 0 Prozent die letzte Option sein. Dadurch, dass die Federal Reserve System (Fed) in den letzten Jahren den Leitzins mehrfach erhöht und bereits mit dem Verkauf der erworbenen Anleihen begonnen hat, verfügt sie über deutlich mehr Spielraum als die Europäische Zentralbank (EZB). Die Federal Reserve System (Fed) wird diesen Spielraum kurzfristig nutzen wird, um die konjunkturelle Entwicklung zu unterstützen, zumal auch US-Präsident Donald Trump weithin seinen Unmut gegenüber seiner eigenen Notenbankpolitik aufrecht erhalten wird.

Die deutsche Wirtschaft fängt an zu schwächeln
Neben der allgemeinen Konjunkturschwäche, den Handelskonflikten und den technologischen Herausforderungen der Autoindustrie, wirft auch der bevorstehende Brexit seine Schatten auf die deutsche Wirtschaft. Große Arbeitgeber wie Siemens, die Deutsche Bank oder ThyssenKrupp haben jüngst angekündigt, dass tausende Mitarbeiter abgebaut werden sollen. Die für Deutschland wichtige Autoindustrie muss Absatzrückgänge verzeichnen und in den vergangenen Wochen haben mehrere Unternehmen Gewinnwarnungen herausgegeben. Aktuell sehen die Arbeitsmarktdaten noch sehr positiv aus und es ist insgesamt kein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu erkennen. Diese positiven Arbeitsmarktdaten sorgen weiter für steigende Bruttoeinkommen und stützen vorerst die Binnenkonjunktur. Deshalb sollte aktuell nicht mit einem Abschwung zu rechnen sein, sondern es ist eher mit einer Stagnation in den nächsten Monaten zu rechnen.

Notenbanken sorgen bei den Bauzinsen für ein neues Rekordtief
An den Finanzmärkten dominieren weiter die Aussagen und Einschätzungen der Notenbanken. Hauptsächlich die amerikanische als auch die europäische Zentralbank bekundeten auf Handelsverwerfungen und niedrige Inflationsraten zu reagieren. Es wurde wieder die Bereitschaft zu Zinssenkungen und auch anderen geldpolitischen Maßnahmen zur Stützung der angeschlagenen Industriekonjunktur auf die Tagesordnung genommen. Die sorgte dafür, dass die Rendite der deutschen zehnjährigen Bundesanleihe im Juli einen erneuten historischen Tiefststand von -0,4 Prozent erreichte. Der Zinssatz für 10-jährige Hypothekendarlehen zog entsprechend nach und bewegt sich ebenfalls auf ein Allzeit-Tief von ca. 0,6 Prozent. Aktuell ist bei den Bauzinsen kein Aufwärtstrend zu erkennen. Eine Änderung des Trends für den Bauzinsen wird es erst wieder geben, wenn Lösungen für die politischen und wirtschaftlichen Probleme absehbar sind. Dazu muss die Wirtschaft wieder deutlich an Fahrt aufnehmen und die Inflation sich der EZB-Zielmarke von 2 Prozent annähern. Kurz- und mittelfristig ist dieses Szenario jedoch eher unwahrscheinlich.

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Tendenz der Baufinanzierungszinsentwicklung:
kurzfristig: fallend
mittelfristig: schwankend seitwärts
langfristig: schwankend steigend
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