Dienstag, 19. November 2019

Zinskommentar September 2019 - Mario Draghi sorgt zum Ende seiner Amtszeit für Rekordtief beim Einlagenzins

Die letzte EZB-Sitzung am 12. September 2019 wurde den Kapitalmärkten mit Spannung erwartet, denn es wurde mit "Abschiedsgeschenken" vom schneidenden EZB-Präsident Mario Draghi gerechnet. Und in der Tat enttäuschte er die Erwartung in seiner vorletzten geldpolitischen Sitzung nicht. Da sich nach wie vor das konjunkturelle Umfeld nicht entscheidend verbesserte, wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) ein neues Maßnahmen-Paket geschnürt. Dies soll der europäischen Wirtschaft einen erneuten Impuls geben, damit die Notenbank ihre geldpolitischen Ziele erreicht. Die Notenbänker haben die weitere Senkung des Einlagezinses auf -0,5 Prozent beschlossen und sie kündigten die Wiederaufnahme der Anleihekäufe an. So wird die Europäische Zentralbank (EZB) ab dem 1. November 2019 monatlich wieder Staatsanleihen im Wert von 20 Milliarden Euro kaufen. Zudem signalisierte Mario Draghi die Bereitschaft, wenn es notwendig erscheinen sollte, deutlich über dieses Paket hinauszugehen.

Zinssenkung hat für Banken Vor- und Nachteile
Von vielen Banken wird die Senkung des Einlagezinses von -0,4 auf -0,5 Prozent heftig kritisiert, denn es würde dadurch kaum eine gesamtwirtschaftliche Wirkung erreicht. Für die Banken und die Sparer bedeute dies lediglich eine zusätzliche Belastung, wird von den Banken argumentiert. Fachleute sehen allerdings für den Großteil der Sparer keine Nachteile. Eine direkte Belastung erscheint eher unwahrscheinlich, da die Negativzinsen wohl kaum an die Kunden weitergeben werden. Die Politik hat hier bereits einen Warnschuss abgegeben, indem sie schon vorsorglich darüber debattiert hat, Negativzinsen für Sparer per Gesetz zu verbieten. Unstrittig ist jedoch, dass für die Banken selbst der verschärfte Strafzins eine weitere Belastung darstellt.

Zinsentwicklung über die fünf letzten Jahre

Die Bankinstitute im Euroraum zahlen bereits jetzt schon jährlich rund 7,5 Milliarden Euro an Negativzinsen an die Europäische Zentralbank (EZB). Deshalb hat die EZB gleichzeitig die Einführung eines Staffelzinses beschlossen, um die Beeinträchtigung durch die Zinssenkung abzumildern. Allerdings trifft der negative Einlagezins die verschiedenen Banken unterschiedlich. Sparkassen oder genossenschaftliche Banken die einen hohen Einlageüberhang besitzen, werden durch den sogenannten Strafzins überproportional stark getroffen. Es sollte aber auch nicht übersehen werden, dass die niedrigen Zinsen für die Banken auch extrem gute Refinanzierungskonditionen ermöglichen. Deshalb hat das aktuelle Zinsniveau weder für Banken noch für Verbraucher nicht nur Nachteile.

Christine Lagarde folgt als neue EZB-Chefin - Fortsetzung oder Neuanfang in der Geldpolitik?
Christine Lagarde wird ab November 2019 die Europäische Zentralbank (EZB) für acht Jahre als Präsidentin leiten. Bereits vor ihrem Amtsantritt steht fest, dass die ehemalige französische Ministerin an der lockeren Geldpolitik ihres Vorgängers festhalten wird. Unterscheiden könnte sie sich darin, dass die EZB unter ihrer Präsidentschaft eine deutlich politischere Ausrichtung erfährt. Christine Lagarde sieht auch andere Themen wie Klimaschutz oder die Außenkommunikation der EZB im Fokus, denn die Notenbank müsse beispielsweise den Bürgern besser erklären, warum sie tut, was sie tut. In einer Anhörung vor dem EU-Parlament betonte Christine Lagarde, wie wichtig strukturelle Reformen für einige europäische Länder sind.

Sie forderte aber auch gleichzeitig, dass die EU-Staaten, welche über ausreichenden finanziellen Spielraum verfügen, mehr für die Konjunktur tun müssten. Diese Aussage zielt vor allem auf Deutschland ab, wo mit der „schwarzen Null“ und hohen Haushaltsüberschüssen zu wenig investiert wird. Denn die deutsche Bundesregierung hat die massiven Überschüsse der letzten Jahre vor allem für Umverteilung und nicht für wichtige Zukunftsinvestitionen eingesetzt. Deshalb ist es denkbar, dass der Ton zwischen der EZB und deutschen Politikern unter Christine Lagarde etwas rauer werden wird, wenn die deutsche Regierung weiter an der "schwarzen Null" festhält und sich gegen Konjunkturprogramm sträubt. Es ist möglich, dass diese Diskussion bereits in diesem Herbst aufkommt, wenn die BIP-Zahlen für das dritte Quartal vorliegen und für Deutschland die technische Rezession amtlich sein wird.

Weitere Zinssenkung im September 2019 in den USA
Beim Handelskonflikt zwischen China und den USA gab es in den vergangenen Wochen, außer verbaler Attacken von Donald Trump, wenig Bewegung. Es steht zwar im Oktober 2019 die nächste Verhandlungsrunde zwischen den beiden Seiten an, doch die Gespräche dürften noch einige Zeit ziehen. Obwohl die US-Wirtschaft nach wie vor wächst, reagiert Fed-Chef Jerome Powell daher proaktiv und signalisiert die Bereitschaft für weitere Zinssenkungen. Deshalb kam der von vielen Ökonomen erwartete nächste Zinsschritt in der letzten Sitzung am 18. September 2019 nicht unerwartet. Die US-Notenbank Federal Reserve System (Fed) hat ihren Leitzins zum zweiten Mal in Folge um 0,25 Prozentpunkte gesenkt und liegt damit nun in der Spanne von 1,75 bis 2,00 Prozent. Die Aussichten für die weitere Konjunkturentwicklung bleiben trotz des Handelskonfliktes unverändert gut. Es gibt zwar eine leichte Verlangsamung beim Wachstum, jedoch bleiben die Arbeitsmarktdaten und auch die Inflationserwartung in den USA positiv.

Abwärtstrend der Bauzinsen ist beendetNach zuletzt immer neuen Rekord-Tiefständen, sank die 10-jährige Bundesanleihe im August 2019 auf erstmals unter minus 0,7 Prozent. Die Lösung der Regierungskrise in Italien und der wahrscheinliche Aufschub des Brexits stoppten scheinbar den Sinkflug der Bundesanleihe. So entfernte sich die Negativrendite wieder von ihren neuen Allzeittiefständen. Auch die Bauzinsen haben nach dem ständigen Abwärtstrend in diesem Jahr im August ihren Boden gefunden und sich wieder nach oben entwickelt. Nach einem erneuten Rekordtiefstand von 0,60 Prozent Ende August bei den zehnjährigen Hypothekendarlehen ging es wieder marginal nach oben und liegt aktuell bei 0,70 Prozent.

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Tendenz der Baufinanzierungszinsentwicklung:
kurzfristig: leicht steigend
mittelfristig: schwankend seitwärts
langfristig: schwankend steigend

Entwicklung Leitzins, 10-jährige Bundesanleihe und Inflation der letzten fünf Jahre

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Dienstag, 12. November 2019

Bei Baufinanzierung das Sondertilgungsrecht und variable Raten nutzen

Für die meisten Bauherren führt für den Bau oder den Kauf einer Immobilie an einem Baukredit kein Weg vorbei. Da es sehr rentabel sein kann, das Darlehen schnell abzubezahlen, sollte im Vertrag auf ein Sondertilgungsrecht und variable Tilgungsraten geachtet werden und entsprechend festgeschrieben werden. So hat man als Darlehensnehmer zusätzliche flexible Optionen in der Hand, den Baukredit schneller zurückzuzahlen.

Baufinanzierer sollten ein Sondertilgungsrecht und variable Tilgungsraten für den Kredit vereinbaren
Für Immobilienkäufer, Bauherren und Umfinanzierer bleiben die Bauzinsen aller Voraussicht in der nahen Zukunft weiterhin günstig, da die aktuellen Marktgegebenheiten keine Zinserhöhungen zu lassen. Ein zehn Jahre festgeschriebenes Immobiliendarlehen ist aktuell für unter 1,5 Prozent Zinsen im Jahr zu bekommen. Wer sein Darlehen nicht erst als Rentner los sein möchte, sollte einen möglichst hohen Tilgungssatz mit der finanzierenden Bank vereinbaren und sich zusätzlich Sondertilgungsoptionen sichern. Denn variable Tilgungssätze bieten die Möglichkeit, dass finanzierte Objekt schneller zu Entschulden. Für das Plus an Flexibilität verlangen die Banken teilweise nicht einmal einen Zinsaufschlag. Für Kreditnehmer besteht jedoch häufig das Problem, dass diese unwissentlich falsch tilgen. Denn bei niedrigen Zinsen ist die monatliche Rate zwar gering, allerdings ist es die monatliche Tilgung aber auch. Dadurch zieht sich die Entschuldung des Immobilienobjektes in die Länge. Deshalb sollte man das ersparte Geld im Zinstief in einen schnelleren Schuldenabbau stecken und mindestens 2 Prozent oder mehr der Kreditsumme pro Jahr tilgen. Nur so wird man in absehbarer Zeit schuldenfrei und spart dadurch viele Tausend Euro ein. Viele Banken verlangen bereits mindestens eine 2 Prozent Tilgung.

Darlehensdauer nach Tilgungshöhe

Sondertilgung kann zum Entschuldungsturbo werden
Der Sondertilgungsbaustein macht flexibel, wenn sich die Einkommens- oder Vermögensverhältnisse gut entwickeln. Viele Bauherrn können beispielsweise mit einer Bonifikation vorn Arbeitgeber, mit Baukindergeld, einem 13. Monatsgehalt oder einer Erbschaft rechnen. Werden diese außerplanmäßigen Geldflüsse zum Abzahlen des Immobiliendarlehens genutzt, kann es dessen Gesamtlaufzeit deutlich verkürzen. Viele Finanzierer achten bei der Baufinanzierung immer noch viel zu wenig auf die Sondertilgungsoption. Es lohnt sich, diese Option in den Vertrag aufnehmen zu lassen, selbst wenn man sie nur ein einziges Mal nutzt. Wenn man als Bauherr beispielsweise nach fünf Jahren 5.000 Euro auf einen Schlag zurück zahlt, so verkürzt sich die Gesamtlaufzeit eines 100.000-Euro-Darlehens um knapp vier Jahre. Je früher und regelmäßiger eine Sondertilgung vorgenommen wird, desto stärker wirkt sich die jährliche Sonderzahlung aus. Sondertilgungsrechte von jährlich bis zu 5 Prozent der Kreditsumme sind bei vielen Banken kostenfrei im Darlehen enthalten. Teilweise verlangen aber auch manche Banken einen Zinsaufschlag von 0,05 bis 0,1 Prozent für die Sondertilgungsoption.

Manchmal ist auch ein bestimmter Jahreshöchstbetrag für die Sondertilgung festgelegt
Wer eine kostenpflichtige Sondertilgungsoption eingeht, sollte sein Sondertilgungsrecht auch nutzen und nicht verfallen lassen, da er sonst womöglich drauf zahlt. Denn der Aufschlag von 0,1 Prozent kann bis zum Ablauf der einer 10-jährigen Zinsbindung schnell mal Kosten von ein paar Tausend Euro ausmachen. Das Sondertilgungsrecht kann auch hilfreich sein, wenn ein vorzeitiger Immobilienverkauf vorgenommen wird. Eventuelle Vorfälligkeitsentschädigungen fallen dann geringer aus. Außerdem kann es ratsam sein kann, sich die Option von flexiblen Tilgungsraten zu sichern. Viele Banken bieten diese Möglichkeit inzwischen an, wodurch man im Lauf der Jahre den Tilgungssatz mehrfach neu nach oben oder unten korrigieren kann, je nachdem, wie sich die Finanzlage des Bauherren gestaltet.

Die Spanne bewegt sich dabei meist zwischen 2 bis 5 Prozent der Darlehenssumme. Manche Banken bieten nur zweimal einen Tilgungsratenwechsel innerhalb der Zinsbindungszeit an, bei anderen ist dies aber auch einmal im Jahr möglich. Bestenfalls dürfen die Kunden wechseln, so oft sie wollen und dieser Extra-Baustein ist bei vielen Banken kostenfrei zu haben. Vor allem für junge Familien sind variable Tilgungsraten deutlich lohnenswerter als eine starre Rückzahlung über die Jahre hinweg. So kann beispielsweise die Tilgungsrate nach der Geburt eines Kindes gesenkt werden. Später lässt sich der Tilgungssatz dann wieder erhöhen, je nach dem wie es die Einkommenssituation des Paares ermöglicht und der Vertrag es ermöglicht. Eine flexible Tilgung kann auch helfen, finanzielle Durststrecken zu überstehen. Sondertilgungen in Kombination mit flexiblen Tilgungsraten sind für eine optimale Baufinanzierung eine wichtige Option.

Tilgungsverlauf beim Annuitätendarlehen

Sondertilgung mit dem Zinseszinseffekt erhöhen
Bei allen sinnvollen Tilgungs- und Sondertilgungsoptionen sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es für den Baufinanzierer auch wichtig ist, flexibel zu bleiben. Das Geld, welches an das Finanzierungsinstitut als Tilgung bereits zurückgezahlt wurde, steht im Ernstfall als Geldpuffer nicht mehr zur Verfügung. Ausbildungen der Kinder oder Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen können nach 10 oder mehr Jahren finanzielle Aufwendungen bedeuten, die einen Einsatz von Cash-Kapital erfordern. Von daher kann auch eine sinnvolle Option sein, einen Teil der machbaren direkten Tilgung erst einmal anzulegen. Beispielsweise in einem Fondssparplan, der nach 10 Jahren durch den Zinseszinseffekt mehr Ertrag erwirtschaftet hat, als man bei der Bank an Tilgungsvorteil hätte erzielen können. Man wäre nun in der komfortablen Lage, selbst zu entscheiden, ob die angesparte Liquidität für aktuell wichtige Anliegen Vorrang hat oder ob man von der Möglichkeit der Teilkündigung des bestehenden Darlehens nach § 489 Gebrauch macht.

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