Freitag, 27. Dezember 2019

Zinskommentar Oktober 2019 - EZB-Führungswechsel: Draghi geht und Lagarde kommt - Bauzinsen weiter auf Rekordtief

Mario Draghi markierte im Jahr 2012 mit den drei Worten "whatever it takes" den Beginn der europäischen Krisenpolitik. Drei Worte, die vermutlich dafür ausschlaggebend sind, dass der damals neue EZB-Präsident den Euro rettete. Denn weniger als ein Jahr vorher, übernahm Mario Draghi am 1. November 2011 das Amt von seinem Vorgänger Jean-Claude Trichet. Es war ein undankbarer Zeitpunkt, denn die Eurokrise war in vollem Gang. Deshalb musste er, obwohl kaum im Amt, bereits schnell zahlreiche schwere Entscheidungen treffen.

Mario Draghi wird zum Synonym der niedrigen Zinsen
Mario Draghi hat mit seinem "whatever it takes" Ruhe in einen Finanzmarkt gebracht hat, welcher zu diesem Zeitpunkt sehr instabil und von Spekulanten beherrscht war. Mit seinen Entscheidungen hat er in den hoch verschuldeten Ländern der Politik Zeit für strukturelle Reformen erkauft. Mario Draghi hat die europäische Notenbank also erfolgreich durch eine turbulente Krisenzeit geführt. Er hat in den acht Jahren seiner Amtszeit eine bisher beispiellose Lockerung der Geldpolitik durchgeführt. Bis zu seinem Amtsende hält er den Kurs der niedrigen Zinsen bei, da sich seine währungspolitischen Zielvorstellungen nicht einstellt haben. Für diesen Kurs muss er mittlerweile viel Kritik einstecken. Beispielsweise hat er es nicht geschafft, den Druck gegenüber der Politik für nötige Reformen zu erhöhen, in dem ein klares Exit-Szenario aus der ultralockeren Geldpolitik festgelegt wurde. So hat sich der Handlungsspielraum der Europäischen Zentralbank (EZB) für zukünftige Krisen erheblich eingeschränkt. Es deutet derzeit auch nichts darauf hin, dass in absehbarer Zukunft wieder zu einer „Normalität“ früherer Jahre zurückkehrt werden kann.

Zinsentwicklung über die fünf letzten Jahre

Auch für Christine Lagarde ist es kein leichter Einstieg
Die ehemalige geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine Lagarde wird die Führung der europäischen Zentralbank am 1. November 2019 übernehmen. So wie Mario Draghi bei seinem Amtsantritt, wird auch sie keinen leichten Start haben. Denn viele europäische Staaten haben sich inzwischen an das "billige" Geld gewöhnt und ihre Verschuldung in der Niedrigzinsphase noch erhöht und notwendige Reformen verschlafen. Deshalb würden aktuell einige Länder in der Europäischen Union (EU) mit einem höheren Zinsniveau haushaltspolitische Probleme bekommen. Christine Lagarde ist damit zu Beginn ihrer Amtszeit in einer schwierigen Situation. Einerseits muss sie auf eine Normalisierung der Geldpolitik hinarbeiten, um bei zukünftigen Krisen handlungsfähig zu sein. Andererseits könnte gerade der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik einige Staaten in eine erneute Schuldenkrise stürzen. Als ehemalige IWF-Direktorin verfügt sie über gute politische Kontakte und es beseht die Hoffnung, dass sie diese gut nutzen kann, um auf politischer Ebene für mehr Reformen zu sorgen. Denn sie muss die Politiker dazu bewegen, dass diese mehr fiskalpolitische Maßnahmen ergreifen, um die Wirtschaft in konjunkturell schwierigeren Phasen durch staatliche Investitionsprogramme zu stimulieren und darüber hinaus längst notwendige Strukturreformen angegangen werden.

In den USA ist eine weitere Zinssenkung wahrscheinlich
Während in den USA die Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten noch positive Werte haben, bremst jedoch die Wirtschaft weiter ab. Fachleute gehen davon aus, dass Fed-Chef Jerome Powell auf der kommenden geldpolitischen Sitzung Ende Oktober proaktiv auf die uneinheitliche Entwicklung reagieren wird. Dies kann zu einem weiteren Zinsschritt nach unten führen. Vorstellbar ist aber auch, dass von der Federal Reserve System (Fed) ankündigt wird, wieder Anleihen aufkaufen zu wollen. Wenigstens beim Handelsstreit zwischen den USA und China gibt es allerdings immer mehr Lichtblicke. US-Präsident Donald Trump hat die nächste Zollerhöhungsrunde gegenüber China ausgesetzt und es ist zumindest eine Teileinigung in Sicht.

Das Brexit-Chaos und der Handelsstreit sorgen abwechselnd für anhaltende Unsicherheit oder Hoffnungsschimmer
Die zwei Dauerthemen Brexit und Handelsstreit begleiten uns weiterhin und schüren seit vielen Monaten politische und wirtschaftliche Unsicherheiten. Während beim Handelsstreit langsam Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, wird dagegen das Brexit-Ping-Pong-Spiel uns noch etwas länger begleiten. Zum 30. Oktober 2019 wollte Boris Johnson Großbritannien aus der EU führen und "Lieber tot im Graben liegen" als um eine Fristverlängerung bitten. Nun, er lebt noch, obwohl er eine neue Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2020 bei der Europäischen Union (EU) beantragt hat. Das britische Parlament benötigt mehr Zeit, um über den neu ausgehandelten Brexit-Deal zu beraten und auch ein No-Deal-Brexit ist durch das einknicken des Brexit-Hardiners Boris Johnson unwahrscheinlicher geworden. Dies sorgt auch am Finanzmarkt für einen vorsichtigen Optimismus: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist seit ihrem Rekordtief von -0,71 Prozent am 28. August 2019 wieder gestiegen und befindet sich aktuell bei -0,40 Prozent.

Die Bauzinsen befinden sich in einer stabilen Seitwärtsbewegung
Der Aufschub des Brexits und eine mögliche Einigung im Handelsstreit setzen nicht nur dem Sinkflug der Bundesanleihen-Rendite ein Ende. Auch bei den Bauzinsen wurden keine neuen Rekord-Tiefstände mehr erreicht, sondern es erfolgte eher eine leichte Erhöhung der Zinsen. Der Topzins für eine zehnjährige Zinsbindung bei Hypothekendarlehen verharrt seit mehreren Wochen bei 0,5 bis 0,8  Prozent. Weiter bergab wird es nach heutigen Erkenntnissen nicht gehen, allerdings auch nicht nennenswert nach oben, sondern eher seitwärts Entwicklung.

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Die Forward-Darlehen-Strategie 

Tendenz der Baufinanzierungszinsentwicklung:
kurzfristig: leicht steigend
mittelfristig: schwankend seitwärts
langfristig: schwankend steigend

Entwicklung Leitzins, 10-jährige Bundesanleihe und Inflation der letzten fünf Jahre

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Mittwoch, 25. Dezember 2019

Änderungen bei den KfW-Förderprogrammen Wohneigentumsprogramm (124/134), Altersgerecht Umbauen - Kredit (159) und Energieeffizient Sanieren - Ergänzungskredit (167)

Die KfW-Bank informiert, dass im Förderprogramm KfW-Wohneigentumsprogramm 124/134, Altersgerecht Umbauen - Kredit 159 und Energieeffizient Sanieren - Ergänzungskredit 167 ab dem 1. Oktober 2019 Veränderungen vorgenommen werden. Weiterhin werden von der KfW-Bank zu den betreffenden KfW-Wohnwirtschaftsprogrammen überarbeitete Merkblätter veröffentlicht.
Bei den Änderungen handelt es sich um folgende Anpassungen:
  • KfW-Wohneigentumsprogramm (124):
    Der maximale Kreditbetrag wird von bisher 50.000 Euro auf 100.000 Euro erhöht. Der neue Kredithöchstbetrag gilt für alle Anträge, die ab dem 1.Oktober 2019 bei der KfW-Bank eingehen.
  • Altersgerecht Umbauen - Kredit (159), Energieeffizient Sanieren - Ergänzungskredit (167), KfW-Wohneigentumsprogramm (124/134):Die bereitstellungsprovisionsfreie Zeit wird von 4 auf 12 Monate verlängert. Eine Bereitstellungsgebühr für nicht abgerufene Kreditbeträge wird also künftig erst ab dem 13. Monat nach Zusage der KfW-Bank berechnet. Diese Regelung gilt für Kreditanträge, die ab dem 1. Oktober 2019 bei der KfW eingehen.

KfW-Wohn­eigentums­programm 124 - was wird gefördert
Die KfW-Bank fördert den Kauf oder Bau von selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentums­wohnungen mit bis zu 100.000 Euro pro Vorhaben. Im Einzelnen sind dies:
  • Bei einem Neubau
    • Kosten des Baugrund­stücks, wenn Sie es höchstens 6 Monate vor Antrags­eingang bei der KfW erworben haben
    • Baukosten wie Material- und Arbeits­kosten
    • Baunebenkosten für den Architekten, den Energie- bzw. Bauberater, die Notar-, Makler­gebühren und die Grund­erwerb­steuer
    • Kosten für Außenanlagen
  • Bei einem Kauf
    • Kaufpreis
    • Kosten für Instand­setzung, Umbau und Modernisierung
    • Nebenkosten wie die Notar- oder Makler­gebühren und die Grunderwerb­steuer
Altersgerecht Umbauen – Kredit
Die KfW-Bank fördert Modernisierungs­maßnahmen, mit denen Barrieren reduziert, der Wohn­komfort erhöht oder in Einbruch­schutz­maßnahmen investiert wird. Die Arbeiten müssen von einem Fachunter­nehmen ausgeführt werden. Dazu gehören:
  • Einzelmaßnahmen zum Einbruchschutz
  • Einzelmaßnahmen zum Barrierereduzierung
  • Umbaumaßnahmen zum Stand Altersgerechtes Haus
  • Umwidmung von Nicht-Wohnflächen in Wohngebäude
  • Kauf von barrierearm saniertem Wohnraum
Energieeffizient Sanieren – Ergänzungs­kreditDie KfW-Bank fördert den Ersatz bzw. die Unterstützung einer seit mindestens zwei Jahren vorhandenen Heizungs- oder Kühlanlage im Wohngebäude. Im Einzelnen sind dies:
  • Einzelmaß­nahmen
    Als Einzelmaß­nahmen fördern wir zum Beispiel folgende Heizungs­anlagen:
    • thermische Solar­kollektor­anlagen bis 40 m2 Brutto­kollektor­fläche (inklusive Anlage zur ausschließlichen Trink­warmwasser­bereitung)
    • Biomasse­anlagen mit einer Nennwärme­leistung von 5 kW bis 100 kW (zum Beispiel Holzvergaser, Pellet­heizungen, Holzhack­schnitzel­heizungen)
    • Wärme­pumpen mit einer Nennwärme­leistung bis 100 kW
    • kombinierte Heizungs­anlagen auf Basis erneuerbarer Energien und fossiler Energie­träger
  • Kauf von saniertem WohnraumWenn Sie sanierten Wohnraum kaufen, können die Kosten der neuen Heizungs­anlage gefördert werden, wenn diese gesondert ausgewiesen sind (zum Beispiel im Kauf­vertrag).

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Quelle: KfW-Bank

Montag, 9. Dezember 2019

Baukredit: Der BGH erklärt Gebühren bei einer Umschuldung für unzulässig

Wer nach Ende der Laufzeit bei seinem Immobilienkredit noch eine Restschuld hat, kann zu deren Finanzierung ein neues Darlehen bei einer günstigeren Bank aufnehmen. Dabei darf das bisherige Finanzierungsinstitut den Wechsel aber nicht mit Extragebühren erschweren, entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Vorausgegangen war eine Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen eine Gebühr für den Wechsel des Kreditgebers.

Aufwand der Bank sei mit dem Zins abzugelten
Demnach dürfen Banken von Kunden, die eine Restschuld aus einem Immobilienkredit nach Ende der Laufzeit von einer neuen Bank finanzieren lassen möchten, keine Wechselgebühren verlangen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 10. September 2019 in einem Urteil (Az. XI ZR7/19) gegen die Kreissparkasse Steinfurt entschieden. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte, dass diese Praxis gegen Paragraf 307 des BGB verstößt. Demnach dürfen Kunden nicht „unangemessen benachteiligt“ werden.

Was bereitet bei Handwerkern den meisten Ärger?

Die Kreissparkasse Steinfurt hatte eine Gebühr von 100 Euro dafür verlangt, dass eine bestehende Grundschuld im Zuge von Treuhandauflagen auf eine andere Bank übertragen wird. Die Sparkasse rechtfertigte die Gebühren damit, dass als Sicherheit bei einem Immobilienkredit eine Grundschuld in das Grundbuch eingetragen wird. Diese Grundschuld muss dann auf die neue Bank übertragen werden. Nach Auffassung der Sparkasse stellt dies jedoch einen kostenpflichtigen Verwaltungsakt dar, den sie sich vergüten lassen wollte. Die obersten Richter folgten dieser Interpretation jedoch nicht: "Mit der hierfür nötigen Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten verfolgt die Beklagte allein eigene Vermögensinteressen, so dass die Klausel als kontrollfähige Preisnebenabrede einzuordnen ist. Dies gilt auch dann, wenn für die Übertragung von Sicherheiten zu ihren Gunsten ein Treuhandauftrag erforderlich ist", beschreibt der Bundesgerichtshof (BGH) das Vorgehen der Bank.

Umschuldung ist keine Seltenheit
Nach Informationen der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) werden von vielen Banken und Sparkassen solche Bearbeitungskosten von ihren Kunden verlangt, wenn ein Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie von einem anderen Institut übernommen wird. Zu einer solchen Umschuldung kommt es regelmäßig, wenn Kunden nach Ende der Zinsbindung ihres Vertrags einen neuen Baukredit aufnehmen. Hintergrund ist, dass viele Verbraucher für ihre Immobilienkredite eine Standard-Laufzeit von 10 oder 15 Jahren wählen und nach deren Ablauf häufig eine noch ungetilgte Restschuld übrig bleibt. In diesen Fällen können die Darlehensnehmer entscheiden, ob sie zur Weiterfinanzierung bei der bisherigen Bank bleiben oder zu einer anderen wechseln, die beispielsweise günstigere Zinskonditionen anbietet. Zudem würden viele Darlehensnehmer die unzulässige Gebühr in den Abrechnungen schnell übersehen, denn es stehen bei Baufinanzierungen meist größere Summen im Raum.

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