Dienstag, 30. Juni 2020

Zinskommentar Mai 2020 - Bleiben die Bauzinsen nach der nach Corona-Pandemie niedrig?

Die Europäische Zentralbank (EZB), die seit vielen Jahren den Euroraum mit einer massiven Geldschwemme flutet, hat vor allem ein Ziel: Es die Wirtschaft ankurbelt werden und gleichzeitig eine Preisstabilität sicherstellen. Für eine stabile Größe gilt eine Teuerungsrate von annähernd 2 Prozent. Es ist heute kaum noch vorstellbar, doch bis in die 90er Jahre waren noch deutlich höhere Inflationsraten die Normalität. Damals mussten die Notenbanken einschreiten, um die Inflation auf 2 Prozent zu senken. Warum die Preise nun schon seit mehreren Jahren trotz niedriger Zinsen und steigender Löhne nicht nennenswert zulegen, hat verschiedene Ursachen.

Ist die Inflation verschollenen?
Man kann sich dazu die Frage stellen: Warum steigen die Preise seit Jahren eigentlich nicht mehr? Marktexperten beobachten in diesem Zusammenhang, dass die geldpolitischen Maßnahmen von den Notenbanken teilweise gar nicht in der Realwirtschaft ankommen. Es ist größtenteils so, dass die niedrigen Kreditzinsen von den Unternehmen nur zum Teil für Investitionen genutzt werden. Viele Aktiengesellschaften nutzen die günstigen Kredite, um eigene Aktien zu erwerben und binden dadurch Kapital. Somit bleibt daher das Geld zu einem großen Teil im Finanzkreislauf stecken und kommt nur tröpfchenweise in der Realwirtschaft an.

Zinsentwicklung über die fünf letzten Jahre

Eine weitere Ursache für die anhaltend niedrige Inflation ist die zunehmenden Globalisierung zu finden. Der Preiskampf ist dadurch international viel härter geworden und die Unternehmen verzichten teilweise aus Angst vor einem Wettbewerbsnachteil auf Preiserhöhungen. Durch die Corona-Krise könnte sich dies allerdings wieder umkehren, da die Produktion einiger systemrelevanter Güter wieder nach Europa verlagert werden wird und deren Preise damit steigen. Insgesamt kann man durch die Corona-Pandemie aber keine Entglobalisierung erwarten und damit auch keinen großen Effekt auf die Inflation. Die wesentlichen Warenströme werden weiterhin international bleiben. Durch den Lockdown und den starken Konsumeinbruch könnte die Corona-Pandemie vorübergehend eher zu einer leichten Deflation führen. Spätestens wenn die Wirtschaft mit den Konjunkturprogrammen wieder angekurbelt wird, dürfte die Inflation allerdings wieder anziehen. Fachleute erwarten, dass die Inflation zum Jahresende wieder steigen wird und zumindest wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Eine galoppierende Inflation ist allerdings auch auf lange Sicht aus heutiger Perspektive sehr unwahrscheinlich.

Ein nachhaltiger Anstieg des Zinsniveaus bleibt trotz der ökonomischen Corona-Pandemie-Auswirkungen unwahrscheinlich
An den den Konditionen für lange Zinsbindungen lässt sich unter anderem ablesen, dass der Kapitalmarkt von einem langfristig niedrigen Zinsniveau ausgeht. So war in der Vergangenheit die Zinsdifferenz zwischen einer zehn- und zwanzigjährigen Zinsfestschreibung deutlich höher als heute. Und obwohl die Zinsen durch die aktuelle Situation leicht steigen, ist der Spread zwischen den Zinsbindungen nicht größer geworden. Daraus kann man ableiten, dass auch auf lange Sicht kein nennenswerter Zinsanstieg erwartet wird. Aktuell erhalten Darlehensnehmer ein Baudarlehen mit fünfjähriger Zinsbindung ab 0,46 Prozent, einer zehnjährigen Zinsbindung ab 0,54 Prozent, bei 15 Jahren sind es 0,71 Prozent und bei 20 Jahren 0,94 Prozent. Erst bei einer Zinsbindung von 25 Jahren steigt der Sollzins über die 1-Prozent-Marke.

Die aufgelegten Konjunkturprogramme zeigen Weitblick statt Schnellschuss
Viele Unternehmen haben die Folgen der Pandemie hart getroffen und zu einem beispiellosen Wirtschaftseinbruch geführt. Die Wirtschaftsleistung der Deutschlands wird deshalb im zweiten Quartal 2020 voraussichtlich um einen zweistelligen Prozentsatz zurückgehen. Daher ist in jedem Fall eines klar: Die Corona-Pandemie macht Schluss mit der Schwarzen Null. Die Überlegungen und Diskussionen um Konjunkturprogramme haben bereits Fahrt aufgenommen. Zu Beginn der Krise hat die deutsche Regierung schnell reagiert und mit ihrem enormen Rettungsschirm viele Unternehmen unterstützt und Arbeitsplätze vorübergehend gesichert. Mit den Lockerungen und der schrittweisen Rückkehr zu einer gewissen Normalität wird es darum gehen, die Wirtschaft wieder hochzufahren und den Konsum anzukurbeln.

Im Hinblick auf die Konjunkturprogramme warnen Fachleute allerdings vor kurzfristigen Lösungen oder einem Gießkannenprinzip. Die Entscheidungsträger sollten an der Frage arbeiten, wie wir in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren leben wollen und wie Deutschland innovativ und zukunftsorientiert gestaltet werden kann. Genau daran müssen die wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen ausgerichtet sein und die Politik sollte jetzt nicht überstürzt handeln. Die Corona-Krise bietet eine einmalige Chance, die Wirtschaft umzugestalten. Es macht wenig Sinn, eine Abwrackprämie 2.0 aufzusetzen, die auch für Verbrenner ausgezahlt wird. Wenn wir davon ausgehen, dass die Zukunft der Mobilität auf den öffentlichen Nahverkehr, Elektromobilität und andere alternative Antriebstechnologien setzt, dann sollte genau das auch gefördert werden. Für die Industrie kann das ein Anreiz sein, die ohnehin nötige Transformation schneller umzusetzen.

Die Bauzinsen-Konditionen bleiben weiter günstig
Bei den zuletzt gestiegenen Bauzinsen ist keinen nachhaltiger Trend zu erkennen. Die leichte Aufwärtsbewegung ist zum großen Teil darauf zurückzuführen, dass in der aktuell unsicheren Zeit die Finanzierungsinstitute ihre Risiken neu bewerten und Zinsrückgänge nicht zeitnah komplett an ihre Kundschaft weitergeben. Auf mittlere Sicht ist zwar ein moderater Anstieg möglich, doch der wird sich in einem überschaubaren Rahmen halten. Auch dann wird das Zinsniveau immer noch auf einem im historischen Vergleich weiter absolut günstigen Niveau verbleiben.

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Die Forward-Darlehen-Strategie

Tendenz der Baufinanzierungszinsentwicklung:
kurzfristig: schwankend seitwärts
mittelfristig: schwankend seitwärts
langfristig: schwankend steigend

Entwicklung Leitzins, 10-jährige Bundesanleihe und Inflation der letzten fünf Jahre

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Dienstag, 9. Juni 2020

Mögliche Verzögerungen am Bau durch die Corona-Pandemie - Das sollten Bauherren wissen

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus gehören inzwischen zu unserem Alltag. Von einer sogenannten „neuen Realität“ sind wir aber weit entfernt. Vieles ist nach wie vor ungewiss und wir müssen uns auf diverse Eventualitäten einstellen. So soll in diesem Beitrag beleuchtet werden, inwiefern die Corona-Krise den Hausbau eventuell beeinflusst und was das für die Finanzierungsplanung bedeuten kann. Zwar zeigt sich die Bauwirtschaft bislang wenig beeinträchtigt von den Folgen der Corona-Krise. Dennoch sollte man als Bauherr im Blick haben, dass sich die Fertigstellung eines Neubaus verzögern könnte und welche Aspekte dabei wichtig sind und welche Bedeutung die Bereitstellungszinsen spielen.

Die aktuelle Lage: Bremst Corona den Bau aus?
Die Corona-Krise hat bislang nur vereinzelt Auswirkungen auf die Bautätigkeit. In einigen Fällen lassen sich aber geplante Fertigstellungstermine nicht halten, wie Baufirmen und Bauherren berichten. Denn die Corona-Krise beeinflusst nach wie vor weite Teile der Wirtschaft. Ein besonderes Augenmerk sollten Bauherren deshalb auf folgende Aspekte legen:
  • Erkrankte Mitarbeiter
    Wenn Mitarbeiter von Handwerkern und Baufirmen an Corona erkranken, kann es schnell zu Kapazitätsengpässen kommen. Unternehmen, die strenge Hygieneregeln aufgestellt haben und im Ernstfall Kooperationspartner mit einbinden können, bringen für den Bauherren weniger Risiken mit als Betriebe ohne einen „Plan B“.
  • Längere Genehmigungsprozesse
    Weil Verwaltungen zurzeit oft ausgedünnt sind oder einen Teil der Arbeit ins Homeoffice verlagert haben, hakt es mitunter bei den Genehmigungsverfahren. Wer einen Bauantrag einreicht, sollte daher von vornherein einen zeitlichen Puffer einkalkulieren.
  • Engpässe beim Material
    Bei der Elektro-, Heizungs- und Wasserinstallation werden viele Bauteile in Fernost hergestellt, ebenso Fliesen und Sanitärprodukte wie Waschbecken und Armaturen. Der Ausfall von Produktionskapazitäten und längere Transportzeiten führen derzeit immer wieder zu Lieferengpässen. Unter Umständen lässt sich die Situation mit einem Umstieg auf schneller verfügbare Alternativprodukte entschärfen.
Zukunftshaus effizent und intelegent

Auch Fertighaushersteller können betroffen sein
Die Terminprobleme könnten auch den Fertighausbau betreffen. Hier sind vor allem die Hersteller betroffen, die einen großen Teil der Fertigungsprozesse nach Osteuropa verlagert haben. Hier kann es zu Verzögerungen kommen, wenn aufgrund der nach wie vor zum Teil bestehenden Grenzkontrollen Bauteile länger unterwegs sind oder die Einreise nach Deutschland für ausländische Subunternehmer erschwert ist. Bauherren sollten daher in engem Kontakt mit dem Haushersteller bleiben, um bei möglichen Verzögerungen schnell reagieren zu können. Auch hier besteht unter Umständen die Möglichkeit, etwa bei Heizkörpern, Fliesen oder Armaturen, durch den Umstieg auf andere Produkte in vergleichbarer Qualität einen Lieferverzug zu vermeiden.

Mögliche Auswirkungen auf die Finanzierung
Bei der Finanzierung stellt sich die Frage, inwieweit Verzug bei der Fertigstellung zu Mehrkosten führen kann. Im Blickpunkt stehen dabei vor allem die Bereitstellungszinsen, die Banken in Rechnung stellen, wenn Darlehen nicht innerhalb einer bestimmten Frist abgerufen werden. Zwar scheint es vordergründig sinnvoll zu sein, derzeit bei der Finanzierung von Neubauprojekten Banken zu bevorzugen, die bis zum Berechnen eines Bereitstellungszinses möglichst lange warten. Allerdings sind solche Angebote in der Gesamtbetrachtung nicht immer am günstigsten.

Wohnen im Smart Home – heute und später

Vergleich von Bereitstellungszinsen
Ab wann sich eine längere zinsfreie Zeit bis zum Darlehensabruf lohne, hänge von mehreren Faktoren ab. Vor allem die Dauer der Zinsbindung, die Höhe des nicht abgerufenen Darlehensanteils und die Differenz zum Darlehenszins von günstigeren Anbietern spielen eine maßgebliche Rolle bei der Betrachtung. Tritt der Verzug erst in einer späteren Phase des Baus auf, ist davon meist nur noch ein Teil der Gesamtfinanzierung betroffen, weil die Löwenanteile für Grundstück und Rohbau bereits bezahlt wurden. Verzögert sich beispielsweise bei einer Finanzierungssumme von insgesamt 400.000 Euro der Abruf von 150.000 Euro um drei Monate, kostet dies bei einem monatlichen Bereitstellungszins von 0,25 Prozent zusätzliche 1.125 Euro. Verzichtet ein Wettbewerber auf die Bereitstellungszinsen und verlangt für die Gesamtfinanzierung beispielsweise 0,05 Prozentpunkte mehr, erhöht dies bei 10 Jahren Zinsbindung ohne die Berücksichtigung der Tilgung die Finanzierungskosten um 2.000 Euro.

Deshalb empfiehlt es sich, bei der Finanzierung von Fertighäusern und Häusern vom Bauträger derzeit mit zwei Szenarien zu rechnen. Einmal unter Annahme einer weitgehend pünktlichen Fertigstellung und alternativ dazu mit einer verzögerten Fertigstellung. Wenn im Ergebnis dann sowohl die Bereitstellungszinsen als auch die weiteren Konditionen berücksichtigt sind, wird anhand der Gesamtkosten deutlich, welches Angebot am günstigsten ist.

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