Vor der letzten Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 18. Juli 2024 war es sehr ruhig am Kapitalmarkt: Die Baufinanzierungszinsen verharrten weiter in ihrer Seitwärtsbewegung, die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen sind nach einem kurzen Auf rasch wieder auf das bekanntes Niveau zurückgekehrt und auch beim EZB-Leitzins war erwartet worden, dass dieser aller Voraussicht unverändert bleiben würde. Kurzum: Es scheint, als befänden sich die Zinsen in der Sommerpause. Eine Einschätzung zur aktuellen Lage soll es in diesem Beitrag vorgenommen werden.
Es sind keine nachhaltigen Zinsbewegungen in Sichtweite
Als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach der Europawahl die Auflösung der französischen Nationalversammlung ankündigte und Neuwahlen ansetzte, war dies ein Paukenschlag, der weithin Resonanz erzeugte. So sorgte Macrons Entscheidung nicht nur auf dem politischen Parkett für Unruhe, sondern auch auf den Finanzmärkten. Dort nämlich führte die Sorge vor einem Rechtsruck des Landes dazu, dass Anleger französische Anleihen verkauften und stattdessen in deutsche Bundesanleihen investierten. Folglich stiegen deren Kurse, und die Zinsen sanken – zumindest kurzfristig. Allerdings sind politische Effekte mit Blick auf die Zinsentwicklung meist nur von kurzer Dauer, was auch in diesem Fall so war.

Die Zinsen der 10-jährigen Bundesanleihen haben sich rasch wieder auf ihrem Niveau eingependelt und es kam zu keiner nachhaltigen Veränderung. Das gleiche lässt sich auch über die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen in den vergangenen Wochen sagen. Zwar gab es kleinere Schwankungen von zehn bis 20 Basispunkten, doch diese seien laut Zinsexperten eine normale Tagesbewegungen. Als Grund für die anhaltende Seitwärtsbewegung sehen die Zinsexperten die Tatsache, dass der Finanzmarkt die Senkung des Leitzinses in diesem Jahr bereits seit Monaten einkalkuliert hatte. Der Zinsschritt im Juni 2024 seitens der Europäische Zentralbank (EZB) war so erwartet worden, so die Fachleute.
Das gilt auch für die Kommunikation der Notenbanker, in der sie signalisieren, dass in den Folgemonaten nicht in jeder Sitzung ein Zinsschritt folgen wird. Mit ihrer abwartenden Haltung unterstreicht die EZB das von den Marktteilnehmern vermutete Szenario von ein bis zwei weiteren kleinen Zinssenkungen im zweiten Halbjahr dieses Jahres.
Inflationsrate liegt im EU-Währungsraum bei 2,5 Prozent
Laut Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, lag die Inflation im Juni 2024 sowohl in Deutschland als auch im EU-Währungsraum vorläufig bei 2,5 Prozent. Damit sank die Teuerungsrate im Vergleich zum Vormonat, blieb jedoch weiterhin deutlich über der angestrebten 2-Prozent-Marke. Die "letzte Meile" bei der Inflationsbekämpfung wird zäh werden, so die Fachleute. Diese führen hierfür vor allem die inflationsfördernden Lohnabschlüsse als Ursache an. Insbesondere die Kerninflation hält sich noch hartnäckig oberhalb der zwei Prozent. Dies ist auch der Grund, warum die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit noch mit größeren Zinssenkungen zögert und in ihrer Politik restriktiv bleibt.
Hinzukommt, dass sich die Entwicklung von Gewinnen, Löhnen und Produktivität – insbesondere vor dem Hintergrund möglicher weiterer weltpolitischer Schocks – nur schwer vorhersagen lässt. Es wird also einige Zeit dauern, bis die Zentralbanker genügend Daten gesammelt haben, um sicher sein zu können, dass die Risiken einer zu hohen Inflation vorbei sind. Für die letzte Sitzung der Europäischen Zentralbank am 18. Juli 2024 war daher auch mit einer Zinspause zu rechnen.
Dies geht jedoch mit der Markterwartung konform, dass im dritten und vierten Quartal des Jahres 2024 je ein kleiner Zinsschritt nach unten folgen wird. Dieses Szenario ist aktuell auch in die Baufinanzierungszinsen eingepreist. Die Seitwärtsbewegung, die wir hier seit einem halben Jahr sehen, wird sich für die Zinsexperten in den kommenden Monaten in einem sehr engen Korridor fortbewegen.
Resümee 2024 und Aussicht 2025
Nach einer langen Talfahrt scheint sich der Baufinanzierungsmarkt nun langsam wieder zu erholen: So hat die Nachfrage nach Wohneigentum in der ersten Jahreshälfte 2024 wieder angezogen, die Zinsen zeigten sich stabil und ebenso die Immobilienpreise. Die Bundesbankzahlen für das Neugeschäft von Baufinanzierungen lagen im ersten Quartal dieses Jahres über denen der fünf vorangegangenen Quartale. so das Resümee der Zinsexperten. Diese Entwicklung ist positiv, vollzieht sich jedoch langsam. Während das Kaufsegment bereits 2023 wieder etwas angezogen hatte, erholt sich nun auch der Bau ein wenig, allerdings auf weiterhin sehr niedrigem Niveau. Anschlussfinanzierungen werden jedoch nach wie vor sehr verhalten nachgefragt.
Insgesamt bewerten die Fachleute die Erschwinglichkeit einer Immobilie heute deutlich besser als im Jahr 2023. Denn die Einkommen sind auf breiter Front gestiegen. Dazu kommen die im vorigen Jahr leicht gesunkenen Immobilienpreise und die im historischen Vergleich niedrigen Bauzinsen. All dies macht in der Summe den Kauf von Wohneigentum wieder leistbarer. Vor diesem Hintergrund und auch weil davon auszugehen ist, dass die Immobilienpreise wieder steigen werden, sei jetzt ein guter Zeitpunkt für den Kauf.
Dabei tun sich derzeit vermehrt Verhandlungsspielräume auf, vor allem bei älteren Immobilien mit schlechteren Energieeffizienzklassen. Diese Möglichkeit sollten Kaufinteressenten nutzen. Empfehlung: Einen Experten hinzuzuziehen, der die anfallenden Modernisierungskosten verlässlich einschätzen kann. Am wichtigsten ist es letztlich, die wirklich passende Immobilie für sich zu finden.
Baufinanzierungszinsen im Juli 2024 im Vergleich zum Vormonat
Für Immobilienfinanzierer setzt sich das Jahr eher etwas durchwachsen bei der Entwicklung der Baufinanzierungszinsen fort. Nach der leichten Erhöhung der Baufinanzierungskonditionen im Vormonat, ist dieser Trend bei einzelnen Zinsbindungszeiten auch in diesem Monat vorhanden. Die Sollzinsen für Darlehen mit einer Zinsbindung von 5 Jahren gingen dabei auf 3,28 Prozent (Vormonat: 3,13 Prozent). Sie liegen damit weiter unter den Zinsen für Kredite mit einer Zinsbindung von 10 Jahren, die mit 3,35 Prozent (Vormonat: 3,25 Prozent) auch leicht weiter nach oben gingen.
Die Zinsen für Darlehen mit einer Zinsbindung von 15 Jahren legten au zu und liegen nun bei 3,48 Prozent (Vormonat: 3,32 Prozent). Für Baudarlehen mit einer Zinsbindung von 20 Jahren ging es dagegen ein gutes Stück nach unten und liegen aktuell bei einem Zinssatz von 3,61 Prozent (Vormonat: 3,70 Prozent).
Nutzen Sie meine Forward-Strategie, um bei Marktveränderungen schnell reagieren zu können. Die Forward-Darlehen-Strategie
Tendenz der Baufinanzierungszinsentwicklung:
kurzfristig: kurze Laufzeiten steigend, lange Laufzeiten schwankend seitwärts
mittelfristig: schwankend seitwärts
langfristig: schwankend seitwärts

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